Veranstaltung

Herausforderung der Rechtstheorie durch die Digitalisierung

Marietta Auer (Gießen)

19:00-21:00
Berliner Seminar Recht im Kontext
Humboldt-Universität zu Berlin
Juristische Fakultät, Raum E42
Bebelplatz 2, 10099 Berlin

 


Audioaufnahme der Veranstaltung


Was hat die Rechtstheorie zu aktuellen Fragen der digitalen Gesellschaft und der Digitalisierung der Rechtsordnung beizutragen? Ziel meiner rechtstheoretischen Arbeit ist es, auf einer rechtswissenschaftlichen Basis eine relevante Gesellschaftstheorie zu formulieren. Das Recht eignet sich aufgrund seiner hohen Technizität und zweckgebundenen Sprachlichkeit, die ihm Konstanz ebenso wie Wandelbarkeit verschafft und beide gegenläufigen Elemente in systemimmanente Kategorien mit hohem Rationalitätsanspruch kleidet, hervorragend als Spiegel sozialen Wandels und sozialer Deformationen. Auf die durchgreifenden Veränderungen, die die Gesellschaft und ihre Subsysteme durch die fortschreitende Digitalisierung erfahren, reagieren rechtliche Institutionen, Begriffe und Wertungen daher besonders sensibel. So lassen sich Begriffsverschiebungen zentraler Grundkategorien der westlichen Rechtsordnungen wie Freiheit, Gleichheit, Rechtssicherheit, Privatheit, Vertrag, Sache, Eigentum oder subjektives Recht beobachten, die sich oft oberhalb der Ebene hergebrachter Dogmatik abspielen und daher von dogmatischen Kategorien aus betrachtet im blinden Fleck des Beobachters liegen. Ziel meines Vortrags ist es, diese tiefgreifenden, nur aus einer übergreifenden, multidisziplinären und in diesem Sinne rechtstheoretischen Perspektive fassbaren Verschiebungen an einigen Beispielen konkret fassbar zu machen. 

Marietta Auer ist seit 2013 Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Rechtsphilosophie an der Justus-Liebig-Universität Gießen und seit 2016 Dekanin des Fachbereichs Rechtswissenschaft. Nach Studien der Rechtswissenschaft, Philosophie und Soziologie in München und Harvard wurde sie 2003 in München promoviert und habilitierte sich 2012 ebendort. Ihre Forschungsleistungen wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. als „Juristisches Buch des Jahres“ 2005 und 2015 sowie mit dem Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften 2017. Marietta Auer ist Autorin der Monographien „Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit: Generalklauseln im Spiegel der Antinomien des Privatrechtsdenkens“ (2005), „Der privatrechtliche Diskurs der Moderne“ (2014) sowie „Zum Erkenntnisziel der Rechtstheorie“ (2018).