Veranstaltung

Kann man Netzwerke regulieren? Selbstorganisation und staatliche Rechtsetzung in der postindustriellen Gesellschaft

Thomas Vesting (Frankfurt a.M.)

19:00-21:00
Berliner Seminar Recht im Kontext
Humboldt-Universität zu Berlin
Juristische Fakultät, Raum 144
Bebelplatz 2, 10099 Berlin


Audioaufnahme der Veranstaltung


Die öffentliche Debatte über digitale Netzwerke wird gegenwärtig von düsteren und abgründigen Bildern beherrscht: Apple, Microsoft, Google und Facebook haben ein entfesseltes Internet geschaffen, das von Datenmissbrauch, Fake-News, Hassreden und Pornographie beherrscht wird – und damit die liberale Demokratie in die Defensive gedrängt, ja eine neuartige „Lust an der Zerstörung“ freigesetzt. Mein Vortrag will diese Seite nicht kleinreden, aber doch für ein anderes Bild werben: Der Staat muss die digitalen Netzwerke als ein gemeinsames experimentelles Projekt der westlichen Kultur annehmen und sich mit seinen Institutionen schützend vor dieses Projekt stellen. Dann geht es um ein Recht, das die Chancen auf technologische Innovationen und wirtschaftliches Wachstum, die mit diesem Projekt verbunden sind, fördert und mit einer netzwerkadäquaten Regulierung begleitet. Letztere kann, wie das experimentelle Projekt der neuen Netzwerkkultur selbst, nur als offener Prozess gedacht werden. Es müssen insbesondere neuartige Formen einer privat-öffentlichen „Recht-Fertigung“ entworfen und probiert werden: Formen horizontaler Rechtsfindung und Rechtsbildung jenseits der herkömmlichen staatlichen Rechtsetzung.
 

Thomas Vesting studierte von 1979 bis 1983 Rechts- und Politikwissenschaften an der Universität Tübingen; 1983 legte er dort auch seine Erste juristische Staatsprüfung ab. Bei Ulrich K. Preuß an der Universität Bremen wurde er 1989 mit einer Arbeit zur politischen Einheitsbildung und technischen Realisation zum Dr. jur. promoviert. Sein Rechtsreferendariat schloss er 1991 mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung ab, danach war er bis 1994 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hans-Bredow-Institut für Rundfunk und Fernsehen an der Universität Hamburg tätig. An der HU Berlin nahm er von 1994 bis 1996 eine Gastprofessur wahr. 1996 habilitierte Vesting sich bei Wolfgang Hoffmann-Riem an der Universität Hamburg mit einer Arbeit zum prozeduralen Rundfunkrecht und erhielt die Lehrbefugnis für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Rechtstheorie. Vom Wintersemester 1996/97 bis zum Sommersemester 2002 hatte er den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechtstheorie, Medien- und Telekommunikationsrecht an der Universität Augsburg inne; seit dem Wintersemester 2002 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Recht und Theorie der Medien an der Universität Frankfurt am Main.